Spring School zu den Dächern von Vulci

– Ein Beitrag von Jessica Hahn und Felicitas Kandler –

Ende März kamen in Ischia di Castro Studierende der JGU Mainz, Uni Freiburg und FU Berlin zusammen, um im Rahmen von Vulci Cityscape und in Kooperation mit dem Digital Roofs Projekt des Deutschen Archäologischen Instituts an der Spring School unter der Leitung von Friederike Fless und Annalize Rheeder vom DAI und Mariachiara Franceschini und Paul Pasieka teilzunehmen. Nach einigen Vorbereitungen und einer ersten theoretischen Vorbereitung in Deutschland stand am 20. März dem Start einer produktiven und erfolgreichen Woche in Ischia di Castro nichts mehr im Wege. 

Für die meisten war das Themengebiet antiker Dächer noch völliges Neuland, weshalb wir unsere Woche zunächst auf den Straßen von Ischia di Castro mit dem Blick nach oben begonnen haben. Frau Rheeder und Frau Fless veranschaulichten uns an modernen Beispielen die vielen Konstruktionsmöglichkeiten von Dächern und schärften unseren Blick für die unterschiedlichen Ziegelformen.

Um dieses neu erlangte Wissen auf die antiken Befunde übertragen zu können, widmeten wir uns anschließend den Ziegelfragmenten der letzten Grabungskampagne, um ein besseres Gefühl für Form, Material und Fachbegriffe zu erlangen. Ganz nach dem Motto “Learning by Doing” wurden wir gruppenweise in die verschiedenen Arbeitsstationen eingeführt. Wir rotierten jeden Tag zwischen den Stationen, sodass wir in jedes Arbeitsfeld einen Einblick erlangten. Die wohl am meisten Neugierde weckende Station war der 3D-Scanner, der es ermöglicht, ein digitales 3D-Modell eines Ziegelfragments zu erstellen. Aufgrund der Genauigkeit in Bezug auf Bruchkanten, Profil und Oberflächenstruktur bildet diese Methode eine Bereicherung bei der Dokumentation. Neben dem Scan wurden die Fragmente detailliert beschrieben. Bei dieser Station wurden die wichtigsten Parameter und Aspekte wie Farbe, Form, Maße, Beschaffenheit und Gewicht dokumentiert. Bei diesem Schritt wurde uns durch gemeinsames Diskutieren bewusst, wie wichtig verbindliche Kriterien und Einheitlichkeit bei der Beschreibung sind. Selbst die Bestimmung der Farbe musste deshalb eingeübt werden. Die Festlegung der Ziegelposition am Dach führte zu häufigem Kopfzerbrechen über Rechts und Links sowie Oben und Unten und wurde meistens durch die Aussage gelöst: “Stelle dir vor, du wärst der Ziegel”. Anschließend wurden die Ziegel fotografisch dokumentiert. Nach einer kurzen Einführung in die zahlreichen Funktionen und Einstellungen der Kamera und ein paar Testversuchen erlangte man schnell ein Gefühl für Beleuchtung und Positionierung. Die Vorarbeit für diese Arbeitsschritte wurde jedoch von der Sortier- und Waschgruppe geliefert. Hier wurde entschieden welche Ziegelfragmente entsprechend der Kontexte als Gruppe kurz und knapp dokumentiert wurden und welche Fragmente gewaschen und anschließend in den weiteren Arbeitsschritten ausführlich behandelt wurden.  

Abgerundet wurde die Spring School von einem Besuch im Museo Nazionale Etrusco Rocca
Albornoz in Viterbo, in welchem wir uns Rekonstruktionen etruskischer Dächer aus Acquarossa anschauten. Der Besuch war an vielen Stellen von freudigen Aha-Momenten begleitet, in denen einem die zu Beginn der Woche noch ungewohnten Elemente und verwirrenden Konstruktionen nun völlig offensichtlich erschienen. 

Im Laufe der Woche wurden die verschiedenen Begrifflichkeiten und Handgriffe beim Scannen und Fotografieren zur Routine, was zusammen mit dem angenehmen und hilfsbereiten Arbeitsumfeld einen guten Workflow schuf. Rückblickend lässt sich festhalten, dass die an manchen Stellen sehr umfangreiche Dokumentation von Details eine wichtige Grundlage bildete, um weiterführende Hypothesen aufstellen zu können. Die Woche bildete somit nicht nur eine Abwechslung zum theoretischen Unialltag, sondern vermittelte uns auch ein Gefühl für strukturiertes und sorgfältiges Arbeiten für den zukünftigen Umgang mit archäologischen Funden und Befunden.  

Jessica Hahn und Felicitas Kandler

Diesen Beitrag zitieren: Jessica Hahn – Felicitas Kandler, Spring School zu den Dächern von Vulci, in: Vulci Cityscape, 25. April 2022 (https://vulcityscape.hypotheses.org/765)

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